=/\= Persönliches Logbuch Iolana Waiata =/\=

  • Persönliches Logbuch Iolana Waiata, Sternzeit 179015.10.

    Was für Wochen. Was für Zustände. Wir sind vor Kurzem von der Erde aufgebrochen. Die Eternity ist voll bis Oberkante Unterlippe mit Mensch und Maschine, die Frachträume platzen. Es scheint, als hätte man alles, was man greifen konnte einfach aus den Wänden gerissen. Ist natürlich eine Sache der Organisation. <stöhnend> Darin ist die Sternenflotte ja meistens ganz gut, auch wenn sich hier und da immer mal wieder Chaos abgezeichnet hat.

    <Pause>

    Ansonsten war die Erde.. es ist schwer zu greifen. Wie unter einer Art trügerischer, friedvoller Glocke. Die Welt hat ihr eigenes Wesen und selbst wenn die Erde brennt, wird ihr Himmel immer blau scheinen. Hin und wieder riss der Eindruck, als sie mit Müll auf die Vulkanierin schossen, zum Beispiel.

    Wie klein so ein Mensch unter all dem Politikum ist, das über einem tobt. Ich kann verstehen, wenn sich Leute da verpflichtet sehen, auf der Erde zu bleiben. Die Aiki wissen, ich habe mit mir gerungen. Es hätte nicht viel gefehlt... und ich wäre nicht zurück gekommen. Meine Familie ist über die halbe Welt verstreut.

    Ruih ist in Istanbul bei Oma untergekrochen. Ich befürchte ja, dass sie - wie immer - die Füße nicht ruhig halten wird, und irgendwas Dummes tut.

    Dads Restaurant ist irgendwie zum Treffpunkt der Siedler geworden. Da er eh immer traditionell gekocht hat, besitzt er im Moment sowas wie den Stein der Weisen, gerade für die, die nur den Replikator gewöhnt sind. Die Meisten glauben nun, dass sie sich nicht auf diese Errungenschaften verlassen können und befürchten, dass man ihnen diese genauso wegnehmen könne. Viele versuchen sich abzusichern, bunkern, wollen sich auf den Ernstfall vorbereiten. Dad versucht, mit einigen Anderen, zu beschwichtigen, die Angst zu nehmen. Er erzählte davon, dass singen helfe. <lachend> Der singende Koch. Ich seh ihn vor mir stampfen. Dann vermisse ich Neuseeland. Mom hilft ihm so gut sie kann. Angeblich sei alles in Ordnung. Angeblich müsse ich mir keine Sorgen machen. Man habe ihre Forschung zuerst einmal auf Eis gelegt und die Unterwasserkuppel für "strategisch bedeutsam" eingestuft. Was auch immer das heißt. Ich habe versucht etwas rauszufinden, aber die Datenbank schweigt sich aus und meine Zugriffsrechte sind bescheiden. Zumal Vernetzung im Augenblick nicht einfach ist.

    Großvater schweigt, eisern, kein Kontakt seit Beginn des Umbruchs. Ich glaube, das bereitet mir die größte Sorge. Major General hin oder her, die ganze Sache stinkt, insbesondere, weil die Erdstreitkräfte mit Sicherheit ihre internen Rangeleien austragen. Der alte Mann war immer sehr für Tradition und Kultur, und ist beseelt von der Stärke Tāwhirimāteas. Dieser verdammte Dickhäuter brauchte oft nur einen scharfen Blick, um die Runde zum Schweigen zu kriegen. Gestandene Männer, wie die Makrelen zusammen getrieben. <Pause>

    <die Stimme bricht> Ich hoffe, es geht ihm gut.
    Ich sollte bei ihnen sein. Wir sollten gemeinsam in den gleichen Himmel sehen und uns die gleichen Fragen stellen. Ich hätte auf der Erde bleiben müssen. Ich hege großen Zweifel an der Vorgehensweise von Teilen der Sternenflotte, bei den Aiki, das tu ich. Ist eine Konsequenz das alles wert? Wo ist das übergeordnete Ideal, der Friede, die Toleranz - im Moment fühlt es sich so an, als zersplittere der Verbund an der Krise. Admiralitäten werden verurteilt, die Akademie wurde nach Vulkan verlegt, Haftbefehle kursieren und wir alle sind nur noch damit beschäftigt nach links und rechts zu sehen und zu reagieren. Der Fuchs wütet im Hühnerstall. War es die richtige Entscheidung zu bleiben? Folge ich nicht einem totgelaufenen Ideal, das nur faktisch existiert aber einer Erprobung nicht standhalten wird? <spröde>Bah, wie pathetisch. Furchtbar. Ein Glück muss nur ich das hören. <seufzend> Ich warte ab und muss wohl oder übel darauf vertrauen, dass dort oben die richtigen Leute kluge Entscheidungen treffen. Ich glaube, manchmal ist es das Schwerste, sich durch die Nacht treiben zu lassen.<Pause> Ich werde eben noch eine Runde laufen, um den Kopf frei zu kriegen. Danach sieht das bestimmt schon wieder alles anders aus. Aufzeichnung Ende.

  • Iolana hatte lange überlegt, ob sie versuchen sollte eine Leitung zur Erde zu etablieren, sah sich aber zwei Schwierigkeiten gegenüber. Zum einen überhaupt Kommunikation stattfinden zu lassen, zum anderen wäre das ein Sternenflottenkanal und mit Sicherheit nicht unbedingt das beste Signal für die hiesigen Machthaber. Da sie keine Einschätzung darüber hatte, wie schwer es sein würde einen sicheren Kanal zu öffnen, geschweige denn, ob die Kommunikation soundso scharf überwacht werden würde - entschied sie sich dagegen. Es wäre sicherer für alle. Und sie war eh nicht der Typ, der sich viel meldete. Waiata war eine Weltraumnomadin.

    Mit einer Tasse beruhigenden Kava Kava-Suds lehnte sie sich in ihren Stuhl zurück, legte die Füße überkreuz auf den Tisch und sah aus dem Bullauge hinaus in die Sterne. Sie hatten noch nicht abgelegt und bevor sie wieder hinters Steuer musste, hatte sie noch etwas Zeit. Der Wurzelextrakt beruhigte.

    "Computer, persönliche Aufzeichnung Iolana Waiata, Sternzeit 719072.17 starten. Benenne Datei "Brief an Familie". Nach Ende der Aufnahme auslagern und öffentlichen Zugang erlauben."

    Sie atmete durch.

    "Hey Leute!", klang es fröhlich. "Wie geht's euch? Mir geht's Bestens! Ich vermisse deinen Fisch, Dad, und auch, wenn mir das keiner glaubt: die Algensuppe. Hör auf zu lachen Ruih! Du schuldest mir übrigens immer noch was, wegen der Sache mit K'tharr. Ich habe das nicht vergessen! Und Mom - schläfst du ordentlich? Drei Stunden machen jedes Hirn matschig, und wenn das Projekt noch so gut ist. Aber irgendwoher muss ich ja den Ehrgeiz haben. - Tja, was soll ich sagen. Die Sternenflotte macht genau das, was sie mit mir machen soll. Sie hält mich auf Trab, sie fordert und fördert mich und ich habe wenigstens ein Dutzend Blauhäute, Tentakel, wenigstens einen Klingonen und einen Volleyball gesehen. Es ist trotz jeden Risikos genau die Art von Arbeit, die ich mir gewünscht habe und ist jedes Risiko wert. Deshalb: macht euch keinen Kopf, sondern freut euch lieber mit mir. Und denkt dran: der Blick in die Sterne ist das, was uns alle eint. Tāwhiri wird seine Augen geschlossen halten und die Winde günstig für mich sein. Ihr fehlt mir. Macht es gut!", spulte die Insulanerin munter melodisch ab, deren Lächeln nach und nach auf den breiten Lippen verblasste.