Sternzeit: 771190,12
"Mein erster Arbeitstag an Bord der USS Shenzhou war... interessant. Einige Ereignisse allerdings hätte ich an Bord eines Schiffes der Sternenflotte nicht erwartet. Und diese waren allesamt mit meinem unmittelbaren Vorgesetzten, Lieutenant Ral, verbunden, der hier an Bord Sicherheitschef ist. Oder war. Bis auf Weiteres wurde er dieses Postens enthoben, und aus gutem Grund, wie ich finde, denn sein Verhalten war eines Offiziers unwürdig. Nicht nur, dass er mich vor versammelter Mannschaft auf der Brücke angebrüllt hat, ohne dass ich etwas getan habe, das dies gerechtfertigt hätte. Nein, während eines Roten Alarms, der zu Test- und Übungszwecken initiiert worden war, hat der Lieutenant mich von meinem Sitz gezogen und unsanft zur Seite gestoßen, so dass ich mich auf dem Boden wiederfand. Zwar kam ich dank des Schwungs, den ich nutzen konnte, umgehend wieder auf die Beine, dennoch war dies absolut indiskutabel. Mein Vater hätte diesen Offizier unter Garantie bis in den Keller degradiert. Nun, Commander Rix, unser Captain, hat diesem Verhalten Konsequenzen folgen lassen, und das begrüße ich.
Ich muss gestehen, dass ich Lieutenant Ral vor allem nach dem zweiten Zusammenstoß des heutigen Tages am liebsten eine gezimmert hätte, doch ein Teil von mir fragt sich auch, was da schief gelaufen ist. Ein erfahrener Offizier wie er, der es bis zum Lieutenant gebracht hat und dem die verantwortungsvolle Position des Sicherheitschefs anvertraut wurde, tickt mit Sicherheit nicht einfach so aus. Es muss einen Grund gegeben haben. Und ich werde das dumpfe Gefühl nicht los, dass ich dieser Auslöser bin. Da ich ihm jedoch nie begegnet bin, lässt dies nur den Schluss zu, dass ich als Stellvertreter für jemanden oder eine Gruppe von Personen stehe. So, wie ich das sehe, braucht der Lieutenant wohl Hilfe, und ich hoffe, dass er diese nun bekommt.
Dadurch, dass Lieutenant Ral vorübergehend seines Postens enthoben wurde, wurden meine Fähigkeiten heute auch nicht von ihm, sondern von seiner rechten Hand, Lieutenant jg Shras, überprüft. Dieser Andorianer kann Romulaner zwar laut eigenem Bekunden nicht leiden, hat mich aber dennoch fair behandelt, was ich ihm hoch anrechne. Die Tests an der Waffe waren kaum der Rede wert. Durch meine abgeleistete Pflichtdienstzeit habe ich damals regelmäßig mit den Soldaten an Bord trainiert, und das zahlt sich hier eindeutig aus. Gleiches gilt für den waffenlosen Nahkampf, wobei ich diesen trainiere, seit ich denken kann. Dementsprechend mussten Shras und ich beide anschließend in der Krankenstation vorbeischauen und uns behandeln lassen. Aber so etwas kommt vor, wenn zwei Sicherheitsoffiziere ihre Fähigkeiten voll austesten. Wie lautet dieses menschliche Sprichwort doch gleich? Wo gehobelt wird fallen Späne. Ich denke, er war zufrieden, und ich bin es auch. Nur die Simulation war wirklich hart. Ich kam mir wieder ein wenig vor wie beim Kobayashi Maru Test. Simuliert wurde, dass sich Eindringlinge an Bord befinden und der Maschinenraum unter allen Umständen verteidigt werden muss. Trotz aller bisherigen Erfahrungen, und ich war schon zweimal in einem richtigen Gefecht, einmal sogar tatsächlich mit Eindringlingen, und trotz der Ausbildung an der Akademie, kam ich mir wieder wie ein blutiger Anfänger vor. Und das war letztlich kein Wunder, denn das Niveau war deutlich höher angesetzt, als es für meinen Rang eigentlich üblich wäre. Ich war so frei, Lieutenant Shras mal zu fragen, wie hoch das Niveau tatsächlich war, und die Antwort hat mich überrascht: Lieutenant Commander. Er selbst, ich und eine weitere Person wurden auf diesem Niveau getestet. Warum ich auch auf diesem hohen Niveau getestet werden sollte, wollte oder konnte mir der Andorianer jedoch nicht sagen. Allerdings war er unaufmerksam, und ich habe einen Blick auf die Ergebnisse werfen können. Daher weiß ich, dass die andere Person Lieutenant jg McGregor war, diese vom Ergebnis her aber hinter ihm und mir liegt, und Shras mit 37% bei dieser Sim nur 1% vor mir liegt. Also kann ich definitiv zufrieden sein.
Zufrieden war ich auch mit dem Counselorgespräch, das ich heute hatte. Em hatte mir heute Morgen einen Termin für direkt nach Dienstschluss vorgeschlagen, und da ich weiß, dass ich einem solchen Gespräch eh nicht entkommen kann, habe ich zugesagt. Zum Glück haben wir uns gestern Abend im Casino schon lange unterhalten und so eine Basis geschaffen. Wir teilen eine Menge Erfahrungen und haben uns, was für uns beide eher untypisch ist, gleich eine Menge anvertraut. Das kam uns beiden heute im Gespräch zugute. Trotzdem konnte ich mich nicht so entspannen, wie ich es gerne getan hätte. Allein die Tatsache, dass sie nicht als Freundin oder Kollegin vor mir saß, sondern als Counselor, hat gereicht, dass ich eher das Gegenteil von entspannt war. Trotzdem lief das Gespräch einigermaßen gut, und der alte Eintrag, der mir noch ein Aggressionspotenzial bescheinigte, ist damit wohl vom Tisch. Ich bin Em zufolge zwar direkt, was bei Sicherheitsoffizieren keine Seltenheit ist, aber keineswegs aggressiv. Abgesehen davon, wäre ich wirklich aggressiv, hätte ich Lieutenant Ral heute vermutlich wirklich eine getafelt. Das war aber nicht der Fall, also habe ich mich in den letzten sechs Jahren wohl definitiv weiterentwickelt.
Der Höhepunkt des Tages war für mich aber, dass ich an der Einsatzbesprechung teilnehmen durfte. Diese war zwar recht kurz, aber für mich war es eine Gelegenheit, die vermutlich so schnell nicht wieder kommt, wenn ich meinen Rang bedenke, und dass ich nur ein einfacher Sicherheitsoffizier bin. Es war trotz der Kürze interessant, mal dabei zu sein und zu sehen, wie eine solche Besprechung abläuft. Und mehr noch, selbst etwas beitragen zu können, auch wenn es nicht viel war. Ich hoffe, dass ich diese winzige Gelegenheit bestmöglich habe nutzen können. Immerhin hat mir diese Besprechung genügend Informationen an die Hand gegeben, um diese Dienstanweisung für die Sicherheitsabteilung zu verfassen.
Womit ich auch schon bei unserer Mission wäre. Ich hoffe, dass diese Anomalie sich nicht verhaltenstechnisch auf die Leute hier an Bord auswirken wird. Zwar bin ich überzeugt, dass wir ziemlich gut aufgestellt sind und alles getan haben, was uns möglich ist, um die Sicherheit der Crew bestmöglich zu gewährleisten, aber hundertprozentige Sicherheit ist eine Utopie. Und mein Instinkt meldet sich mittlerweile derart intensiv, dass mir schon beinahe übel wird. Derart stark hat er sich zuletzt auf ch'Rihan gemeldet, als ich in akuter Lebensgefahr schwebte. Damals hat mein Instinkt mir das Leben gerettet, weil ich auf ihn gehört habe. Aber ich kann hier ja wohl kaum einfach aussteigen. Oder Commander Rix sagen, dass wir uns von dieser Anomalie fern halten sollen, weil ich ein mieses Gefühl habe. Es wurden bereits hohe Sicherheitsmaßnahmen beschlossen, und mehr wird kaum möglich sein. Noch habe ich die Hoffnung, dass mein Instinkt sich doch noch irgendwann mal irren wird. Und jetzt wäre ein guter Zeitpunkt, damit anzufangen. Ich will lieber gar nicht erst darüber nachdenken, dass mein Instinkt tatsächlich wie der meines Vaters sein könnte, denn der hat sich nie geirrt. Mir bleibt aktuell nur, die Warnung ernst zu nehmen und im Rahmen meiner Möglichkeiten zu tun, was ich kann, um meine Kameraden zu schützen. Davon abgesehen kann ich nur abwarten. Was geschehen wird, wird geschehen, egal, was mein Instinkt dazu sagt."